Ausschnitt aus einem Unterricht für Tänzer MOVING FROM EACHOTHER https://youtu.be/Hvf3tVsMhr4
Seit 25 Jahren unterrichte ich anderthalb Tage pro Woche an der Folkwang-Universität der Künste wie auch in meinem eigenen Arbeitsraum in Essen-Werden.
Der Schwerpunkt der Arbeit dort liegt auf der Alexander-Technik, aber letzten Endes all meine Wirkbereiche auch die Prozessarbeit ab. Zwei schöne Erlebnisse dieser Woche, die auch das Verschwimmen der Grenzen zwischen den verschiedenen Themenfeldern sichtbar machen möchte ich mit Euch teilen.
Am Dienstag gab ich einer Teilnehmerin, die seit drei Monaten wegen eines starken Tremors zu mir kommt eine Einzelstunde. Besonders in den Wochen, in denen sie selber übt, nimmt der Tremor ab und entlässt ihre Körperstellung mehr und mehr in ihre volle Größe. Dieses Mal hatten wir den größten Erfolg in diesem Zusammenhang dadurch, dass das Zittern und Wackeln mindestens über eine viertel Stunde hinweg verschwunden war. Als sie dann wieder auf ihre Beine kam, hatten die Anweisungen für ihre vertikale Ausrichtung im Gehen so starke Auswirkungen, dass sie viel freiere und entspanntere Schritte machen konnte als vorher. Sie bezeichnete es als "richtiges Gehen" und war überglücklich darüber. Ihre Rührung war so stark, dass sie schlagartig anfangen wollte zu weinen. In diesem Moment sah ich ihre gesamte Körperstellung wieder in Richtung Ausgangsposition zurück schrumpfen und unterbrach schweren Herzens diesen rührenden Moment, zugunsten der Kräftigung ihrer vertikalen Ausrichtung. Sie huschte regelrecht unbemerkt von dannen, während ich den Unterricht mit dem nächsten Teilnehmer begann.
Beim Gruppenunterricht mit den Musikern am Mittwoch waren wir aufgrund von Konzertaktivitäten eine kleinere Gruppe. Das gibt immer die Möglichkeit für intensiven Austausch und Zuwendung für einzelne. Ich stellte Bezüge zu den letzten Malen und wir arbeiten daran, uns in verschiedenen Bereichen unserer Verkörperung in Ruhe zu lassen. Als wir beim Becken ankamen bemerkte eine Geigerin, dass es ihr nicht möglich war, sich in ihrer linken Beckenhälfte in Ruhe zu lassen. Auf die Frage, woran sie das merken würde, entgegnete sie, dass ihre linke Beckenhälfte angespannt sei. Das war ein gefundenes Fressen für mich, um das Alexander-Prinzip der "Mittel wodurch" zu thematisieren. Voller Begeisterung sprach ich davon, wie selten, wenn nicht einzigartig die Fähigkeit der Alexander-Technik ist, zwischen der Anwendung eines Mittels, einer Anweisung, einer Wahrnehmung oder einer Entscheidung und der Auswirkungen, die dies verursacht zu unterscheiden. Als ich die Studierenden zu möglichen Vorteilen solch einer Unterscheidung interviewte, brachte eine Teilnehmerin die Metapher der bedingungslosen Liebe ins Spiel. Ein sanftes Gefühl ging durch die Gruppe, als sie diese, in meinen Augen eine sehr süße Referenz für das Dranbleiben und die Fortführung von Investitionen unabhängig vom scheinbaren Erfolg oder Misserfolg ihrer Anwendung einbrachte.
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